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Vertrauensarbeitszeit trotz Zeiterfassung – Ihre Optionen nach EuGH-Urteil

Die Arbeitszeiterfassung muss systematisch, objektiv und zugänglich erfolgen. Das hat der Europäische Gerichtshof bereits im Mai 2019 beschlossen und möchte damit die Arbeitnehmer der Mitgliedsstaaten stärker schützen. Mit dem Beschluss kamen viele Diskussionen und Fragen auf, z.B.: Was ist mit der Vertrauensarbeitszeit? Wir bei GFOS finden: Eine systematische Zeiterfassung bei Unternehmen, die auf Vertrauensarbeitszeit setzen, muss Flexibilität nicht ausschließen.

Bleistift Text auf deinem Blatt Papier mit dem Wort "Trust"; Bild © iStock, AndreyPopov

Was ist Vertrauensarbeitszeit?

Vertrauensarbeitszeit definiert sich dadurch, dass der Arbeitgeber die Einhaltung der Vertragsarbeitszeiten nicht kontrolliert. Er vertraut also darauf, dass seine Mitarbeiter tägliche Höchstarbeitszeiten sowie Ruhepausen einhalten und gleichzeitig ihre Aufgaben erledigen bzw. Zeiten einhalten. Voraussetzung für das Funktionierten der Vertrauensarbeitszeit ist eigenverantwortliches, proaktives Handeln.

Infografik mit wichtigen Elementen der Vertrauensarbeitszeit, wie z.B. die Einhaltung der tariflichen Höchstarbeitszeit

Neben einigen Pflichten, die Unternehmen bei der Vertrauensarbeitszeit erfüllen müssen, gibt es auch diverse Optionen für eine flexible Umsetzung; Bild © GFOS Group

Warum ist die Umsetzung von Vertrauensarbeitszeit schwierig?

Die wesentliche Herausforderung der Vertrauensarbeitszeit besteht im grundsätzlichen Verzicht auf die detaillierte Erfassung der Arbeitszeit, die in Konflikt mit der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung steht. Vertrauensarbeitszeit bietet auf den ersten Blick mehr Flexibilität, bringt aber gleichzeitig diverse Herausforderungen mit sich – ein Balanceakt zwischen der Berücksichtigung von Mitarbeiterinteressen und der Einhaltung rechtlicher Anforderungen, der für das Gelingen der Vertrauensarbeitszeit täglich gemeistert werden muss.

[Headline H2] Die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Zeiterfassung in Deutschland und der Schweiz

In Deutschland hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) im September 2022 beschlossen, dass die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) macht diese Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nur ein wenig konkreter: Es fordert aktuell nur die Aufzeichnung von Arbeitszeiten, die über 8 Stunden hinausgehen.

Auch in der Schweiz sind Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Auf diese Weise bleibt nachvollziehbar, ob die maximale Wochenarbeitszeit von 45 bis 50 Stunden eingehalten wird.

So gestaltet sich die Vertrauensarbeitszeit in der Praxis

In Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit können Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten eigenverantwortlich gestalten, solange sie das Arbeitszeitgesetz einhalten. Zeiterfassungstools werden nur zur Erfüllung der Erfassungspflicht eingesetzt. Die erfassten Zeiten spielen für die Unternehmen allerdings keine Rolle, außer zur Dokumentation der Erfassungspflicht.

Die Unternehmen legen also keine Kernarbeitszeit fest, können jedoch einen bestimmten Zeitkorridor vorgeben. So gehen Arbeitgeber sicher, dass zu gewünschten Zeiten jemand im Unternehmen erreichbar ist. Wichtig ist jedoch, dass sowohl gesetzliche als auch tarifliche Vorgaben eingehalten werden müssen: Auf ausreichende Ruhepausen und -phasen muss geachtet, die maximale Höchstarbeitszeit darf nicht überschritten werden. 

Geht die täglich erbrachte Arbeitszeit über die tariflichen oder gesetzlichen Arbeitszeiten hinaus, müssen die Überstunden laut § 16 Abs. 2 ArbZG aufgezeichnet werden – diese Regelung ist bereits im Gesetz verankert gewesen und daran änderte auch die auf EU-Ebene beschlossene Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nichts.

Wichtige Faktoren des Vertrauensarbeitszeitmodells

Darüber hinaus gibt es noch viele Regelungen, die Unternehmen bei der Einführung von Vertrauensarbeitszeit beachten müssen. Die Einführung eines solchen Arbeitszeitmodells geht einher mit Verwaltungsaufwand, der sich ebenfalls bei der Einführung einer Zeiterfassung ergibt. Hier liegt die Entscheidung bei den Unternehmen, welcher Aufwand in Kauf zu nehmen ist.

Wie wirkt sich die Arbeitszeiterfassung auf die Vertrauensarbeitszeit aus?

Eine Zeiterfassungspflicht für bestimmte Gruppen bzw. für Überstunden bestand bereits vor dem EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung, wurde aber dadurch noch erweitert. So wurde das bisherige Arbeitszeitgesetz um einige Abschnitte erweitert, sodass genau festgelegt ist, wie und für wen die Erfassung zu erfolgen hat. Bereits heute ist sie z.B. für Auszubildende oder Beschäftigte, die Mindestlohn verdienen, verpflichtend.

In Deutschland wird Vertrauensarbeitszeit oft von Führungskräften genutzt. Ausschlaggebend dafür ist die Annahme, dass diese sich nach den vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten richten und Ruhepausen einhalten. Außerdem wird davon ausgegangen, dass Mehrarbeit flexibel auf Vertrauensbasis ausgeglichen wird.

Flexible Arbeitszeit mit Arbeitszeiterfassung – die neue Vertrauensarbeitszeit?

Verschiedene Marktbeobachtungen haben ergeben, dass Flexibilität und Mobilität für Mitarbeiter immer wichtiger werden. Besonders für jüngere Generationen spielen diese Benefits auf der Arbeit eine immer zentralere Rolle. Studien zeigen sogar, dass Mitarbeiter, die ihre Arbeitszeit selbstständig einteilen können, in der Regel mehr leisten. Daher sollten Arbeitgeber versuchen, mehr Flexibilität zu ermöglichen – sei es durch flexible Arbeitszeiten oder durch mitarbeiterorientierte Personaleinsatzplanung. 

Genau wie bei der Vertrauensarbeitszeit können Arbeitnehmer bei flexiblen Zeitmodellen (z.B. Gleitzeit) selbst entscheiden, wann sie die zu erbringenden Stunden leisten möchten. Eine Kernarbeitszeit wird häufig von Unternehmen eingesetzt, um eine Erreichbarkeit aller Mitarbeiter zu bestimmten Uhrzeiten zu gewährleisten. Das vereinfacht u.a. die Teilnahme an Meeting-Terminen erheblich.

Ganz egal welches Modell zum Einsatz kommt: Zeiterfassungssysteme berechnen automatisch die vorgegebenen tariflichen, gesetzlichen und betrieblichen Arbeitszeiten – so wird sichergestellt, dass Mitarbeiter nicht dauerhaft die Höchstarbeitszeit überschreiten. Es geht also darum, mehr Flexibilität und Mitbestimmungsrecht zu ermöglichen. Dies kann sich wiederum positiv auf die Employee-Experience auswirken.

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Und außerhalb des Büros? Zeiterfassung erweist sich der Vertrauensarbeitszeit als überlegen

Ob im Außendienst, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Industrie: Der Wunsch zu mehr Arbeitszeitflexibilität besteht branchenunabhängig. Eine systematische Zeiterfassung ist hier gegenüber der Vertrauensarbeitszeit überlegen. Denn Anbieter von Zeiterfassungssoftware vernetzen diese Funktion oftmals mit einer Vielzahl anderer Komponenten. 

So ist die Arbeitszeiterfassung oft Grundlage für diverse Features, mit denen sich ebenfalls die Unternehmensressource Zeit managen lässt: darunter die Personaleinsatzplanung mit Software oder die Personalbedarfsermittlung. Gekoppelt an verschiedene Employee-Self-Services (bzw. Antragswesen) bekommen Mitarbeiter hier etwa die Möglichkeit, auf Wunschbücher und Diensttauschbörsen zurückzugreifen. Auf diese Weise lässt sich auch in Schichtmodellen ein gewisses Vertrauen oder Mitbestimmungsrecht umsetzen.

Vorteile der Vertrauensarbeitszeit

Nachteile von Vertrauensarbeitszeit

Wichtige To-dos für Unternehmen mit Vertrauensarbeitszeit

Folgende Maßnahmen helfen bei einer erfolgreichen Umsetzung. Dadurch bleibt das Vertrauen der Mitarbeiter erhalten, während gesetzliche Pflichten sicher erfüllt werden.

Vertrauen durch transparente Tools stärken

Lernen Sie die Zeiterfassungssoftware von GFOS kennen, mit der sie Zeiten genau und sicher erfassen können – mit genügend Raum für das Bedürfnis nach Flexibilität, wie die Vertrauensarbeitszeit sie bietet. Sprechen Sie uns gern darauf an.

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