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VDI 5600 – Alles, was Sie zur Richtlinie wissen müssen

Wer in den letzten Jahren seine Produktionsprozesse mithilfe von MES-Systemen optimieren wollte, kam an einer Richtlinie nicht vorbei: der VDI 5600. In diesem Blogbeitrag beleuchten wir ihre Entstehungsgeschichte und Inhalte sowie die Vorteile, die ihre Berücksichtigung bei der Einführung von Fertigungsmanagementsystemen bietet.

Was ist die VDI Richtlinie 5600

Die VDI 5600 ist eine Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Sie umfasst Anforderungen für Manufacturing Execution Systems, definiert klare Leitlinien für die Einführung der Technologie und zielt auf die Optimierung von Produktionsprozessen sowie der Effizienzsteigerung in der Fertigung ab.

VDI 5600 – Entstehung

Die VDI 5600 war die erste nationale Richtlinie zum Thema MES und diente als Basis für Anforderungen zur  Einführung von Manufacturing Execution Systems. Im Laufe der voranschreitenden Digitalisierung gewannen Flexibilität und Transparenz zunehmend an Bedeutung – neue Konzepte für das Fertigungsmanagement wurden benötigt. Immer häufiger kamen daher MES-Systeme zum Einsatz. Das setzte zum einen die genaue Kenntnis der Fertigungsprozesse, zum anderen das Wissen über die Fähigkeiten und Grenzen der Softwarelösungen voraus. Getrieben durch diese Komplexität und die umfangreichen Funktionen der Systeme entstand im Jahr 2007 die VDI Richtlinie 5600 als Leitfaden für Entscheider, Projekt- und Prozessverantwortliche sowie Anbieter von Soft- und Hardware. Sie liefert eine umfassende Beschreibung von MES-Systemen in deutscher Sprache und legt dabei den Fokus auf die Darstellung von Aufgaben und Nutzen.

VDI 5600 – Die Inhalte im Überblick

Die VDI 5600 beschäftigt sich mit den spezifischen Anforderungen und Standards für MES-Systemen und liefert klare Empfehlungen für die Entwicklung, die Einführung und den Betrieb in industriellen Fertigungsumgebungen. Im Einzelnen umfasst das Regelwerk

Aufgaben eines MES im Sinne der VDI 5600

Auftragsmanagement

In produzierenden Unternehmen gilt ein Auftrag als Auslöser für alle nachfolgenden Aktivitäten. Dabei wird beispielsweise zwischen Fertigungs-, Reparatur-, Instandhaltungs- oder auch Nacharbeitsauftrag unterschieden. Die Aufträge bündeln alle relevanten Daten und bilden somit einen zentralen Bestandteil eines Manufacturing Execution Systems. Anders als im ERP-System sind Aufträge im MES auf eine zeitnahe Bearbeitung ausgelegt. Die VDI 5600 beschreibt als Ziel dieser Aufgabe die Verwaltung aller Aufträge innerhalb des Fertigungsbereichs sowie die Bereitstellung zahlreicher verdichteter Daten für weitere Aufgaben.

Durch die kontinuierliche Erfassung von Echtzeitdaten entstehen immer wieder neue Informationen, die den Aufträgen zugeordnet werden. Das permanente Abbild der Auftragsdurchläufe schafft Transparenz und ermöglich zeitnahe und gezielte Reaktionen auf Störungen und andere Ereignisse und identifiziert langfristig organisatorische Mängel für eine nachhaltige Optimierung der Prozesse.

Schaubild zur Funktionsweise der Auftragsmanagement-Software

Das Auftragsmanagement nimmt eine zentrale Rolle im MES-System ein.

Feinplanung und Feinsteuerung

Die Feinplanung- und -steuerung unterstützt die Bearbeitung der aus dem Auftragsmanagement übernommenen Aufträge. An dieser Stelle übernimmt ein MES-System gemäß der VDI Richtlinie 5600 sowohl die planende als auch eine steuernde Komponente. Hier ist vor allem die Echtzeitfähigkeit des Systems entscheidend, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren und den Produktionsablauf bei Bedarf modifizieren zu können.

Informationen wie Produktionsziele, Arbeitsvorrat, Ressourcen- und Materialinformationen fließen in die Feinplanung/-steuerung ein und werden zu einem Belegungsplan weiterverarbeitet. Dabei auftretende Konflikte wie fehlende Verfügbarkeiten, löst entweder das MES automatisiert oder mithilfe manueller Eingriffe. Spontan auftretende Konflikte wie Störungen oder Qualitätsprobleme im laufenden Produktionsprozess werden ebenfalls berücksichtigt und Lösungsvorschläge wie Terminverschiebungen, Kapazitätsanpassungen u.ä. vorgeschlagen.

Schaubild zu den Aufgaben der Feinplanungs-Software

Feinplanung und -steuerung haben nach VDI 5600 einen großen Nutzen für die Fertigung.

Betriebsmittelmanagement

Im Rahmen des Manufacturing Execution Systems stellt das Betriebsmittelmanagement die termin- und bedarfsgerechte Verfügbarkeit von Betriebsmitteln wie beispielsweise Maschinen und Anlagen, Werkzeuge oder Betriebshilfsmittel sicher. Diese Ressourceninformationen werden wiederum für weitere Aufgaben benötigt. Eingehende Informationen zu Zuständen und Verfügbarkeiten gibt das System an die Feinplanung weiter. Die Prozess- und Produktqualität betreffende Daten werden dem Qualitätsmanagement zur Verfügung gestellt. Zudem profitiert die Instandhaltung von bereitgestellten Wartungs- und Reparaturvorgaben.

Laut VDI 5600 trägt das MES so zu einer effektiven Auslastung der Betriebsmittel, reduzierten Stillstands- und Ausfallzeiten sowie einer verbesserten Bereitstellung der Betriebsmittel bei.

Materialmanagement

Das Materialmanagement liefert sowohl für andere MES-Aufgaben als auch für weitere Systeme wie ERP oder Lagerverwaltung wichtige Informationen. Es unterstützt entlang der Supply Chain durch die Möglichkeit, Materialbewegungen zeitnah anzustoßen.

Unternehmen reduzieren durch den Einsatz eines MES-Systems mit Materialmanagement Umlaufbestände und die damit verbundene Kapitalbindung. Sie ermöglichen durch die zeitnahe Bewertung des Umlaufbestands permanente Inventuren im ERP und sorgen im MES für die Traceability entlang der internen Wertschöpfungskette. Es entsteht zudem Transparenz über die Verfügbarkeit von Materialien und deren Qualität im Laufe des Prozesses (In-Process-Control). Dadurch verbessert sich letztendlich die Realisierbarkeit von Produktionsplänen.

Personalmanagement

Die termingerechte Bereitstellung von einzelnen Mitarbeitern oder Personengruppen mit geeigneter Qualifikation spielt auch in Zeiten von Automatisierung und Industrie 4.0 eine entscheidende Rolle. Im MES berücksichtigt das Personalmanagement gemäß VDI 5600 dabei verschiedene personalbezogene Daten wie beispielsweise Schichten, Wochenarbeitszeit und Zeitkonten der Mitarbeiter.

Für den laufenden Produktionsprozess relevante Daten wie

werden im Personalmanagement gebündelt und für eine effektive Auslastung genutzt. 

Schaubild zur Funktionsweise der Personalmanagement-Software

Das Personalmanagement umfasst mehr als nur die Bereitstellung von Mitarbeitern.

Ebenso wird die Frage „Wer hat wann, wo und an was gearbeitet?“ durch das MES-System beantwortet. Das sorgt zum einen für die angestrebte Traceability und dank praktischer Schnittstellen zum Lohn- und Gehaltssystem für eine genaue Abrechnung der geleisteten Stunden.

Datenerfassung

Die VDI Richtlinie 5600 beschreibt diese MES-Aufgabe als ereignisgesteuerte Erfassung aller produktionsrelevanter Daten. Dazu gehören

und weitere Informationen, die im laufenden Betrieb automatisiert, teilautomatisiert per Scanner und Co. oder manuell erfasst werden. Diese Eingangsdaten prüft das MES auf ihre Plausibilität und stellt die Statusinformationen anschließend verdichte bereit.

Dank dieses Prozessmonitorings liefert das System ein ständiges Abbild der Produktionszustandes und ermöglicht so bei Bedarf unmittelbare Reaktionen. 

Leistungsanalyse

Im Rahmen der Leistungsanalyse ermittelt die MES-Software Kennzahlen und Informationen (siehe hierzu ISO 22400) für die Optimierung der Fertigung und die Qualifizierung organisatorischer Vorgaben in Form eines Regelkreises. 

Schaubild zur Funktionsweise der Leistungsanalyse-Software

Die Leistungsanalyse zählt laut VDI Richtlinie 5600 zu den wichtigsten Aufgaben eines MES-Systems.

Diese Informationen ermöglichen zum einen fundierte Managemententscheidungen, zum anderen wird deren Bedarf einfacher erkannt. Sie dienen ebenso als Grundlage für Zielvereinbarungen und objektiver Prozessbeurteilungen.

Qualitätsmanagement

Nach VDI 5600 verfolgt diese Aufgabe die systematische Qualitätsverbesserung von Prozessen und Produkten. Dazu werden Informationen aus der Wareneingangsprüfung und den Status (teil-)produzierter Produkte sowie des aktuellen Produktionsprozesses bereitgestellt. Diese proaktive Herangehensweise, gekoppelt mit entsprechenden Maßnahmen senkt bereits im Vorfeld die Qualitätskosten.

Das MES kann fehlerhafte Produkte bereits anhand fertigungsbegleitender Überprüfungen ermitteln und die Qualität zeitnah beeinflussen. Durch ein aktives Workflow-Management können Mitarbeiter rechtzeitig in den Fertigungsprozess eingreifen und nötige Nacharbeiten sowie Herstellungsverluste reduzieren. 

Informationsmanagement

Innerhalb des MES-Systems sorgt das Informationsmanagement für die Verteilung der Daten an verschiedene Empfänger und andere Systeme. Das können beispielsweise Einrichteblätter oder Qualitätsanweisungen sein. Zudem greift die Software mithilfe der kontinuierlich und in Echtzeit erfassten und analysierten Daten steuernd in die Fertigung ein. Wichtige Informationen stehen immer dann zur Verfügung, wenn der Arbeitsschritt oder der Status der Produktion es erfordern. Als Informationsdrehscheibe liefert das MES folgende Daten:

Energiemanagement

Insbesondere in Zeiten, in denen Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, sollten Industrieunternehmen ihren Energieverbrauch im Blick haben. Das MES unterstützt gemäß VDI Richtlinie 5600 den Verbrauch zu planen, systematisch zu erfassen, zu überwachen und zu steuern. So lassen sich langfristig ökonomische und ökologische Ziele verfolgen wie die Senkung des Energieverbrauchs oder die Steigerung der Energieeffizienz.

Das MES stellt dazu den Zusammenhang zwischen Maschinen, Produktionsaufträgen oder Materialien und dem entstandenen Energieverbrauch her. Auf dieser Basis können Produktionsprozesse bewertet, Optimierungsmöglichkeiten aufgedeckt und Maßnahmen zur Energiesenkung abgeleitet werden.

VDI 5600 – Vorteile für Unternehmen

Aus der Anwendung der VDI Richtlinie 5600 und den einzelnen Aufgaben eines MES-Systems entstehen also zahlreiche Vorteile für produzierende Unternehmen. Zusammengefasst profitieren sie von

Verbesserten Produktionsprozessen: Durch die Einhaltung der Richtlinie können Unternehmen ihre Produktionsprozesse effizienter gestalten und ihre Gesamtleistung steigern.

Gesteigerter Transparenz: Die VDI 5600 setzt klare Standards für die Dokumentation und Rückverfolgung von Prozessen und Produkten und fördert so die Transparenz in der Fertigung.

Optimierten Qualitätsmanagement und Traceability: Durch die Einführung konformer MES-Software gewährleisten Unternehmen die Rückverfolgbarkeit entlang der Wertschöpfungskette und verbessern ihr Qualitätsmanagement.

Einhaltung gesetzlicher Anforderungen: Die Einhaltung der Richtlinie hilft Industrieunternehmen dabei, gesetzliche Anforderungen einzuhalten und Compliance Risiken zu minimieren.

Wettbewerbsvorteile: Unternehmen, die MES-Lösungen entsprechend der VDI 5600 einsetzten, erhalten Wettbewerbsvorteile durch den Einsatz modernen Technologien und somit einer zukunftsorientierten Ausrichtung ihrer Fertigung.

Weiterentwicklung der VDI 5600

Die VDI Richtlinie 5600 wurde bereits im Jahr 2007 erstmalig veröffentlicht. Im Hinblick auf die sich stetig weiterentwickelnden Trends und Technologien im Bereich von Manufacturing Execution Systems, besteht also – trotz einiger Aktualisierungen – Aufholbedarf, um den aktuellen Anforderungen gerecht werden zu können. Zudem haben weitere Richtlinien oder Einheitsblattreihen wie die des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) die Richtlinie bereits überholt. Als internationaler Standard gilt die Norm 62264 des International Electrotechnical Commission (IEC).

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