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Agiles Prozessmanagement – Wie Unternehmen mehr Flexibilität wagen

Feste Strukturen und über Jahre etablierte Abläufe bieten Unternehmen Stabilität und Planbarkeit. Auf der anderen Seite haben aber genau diese Betriebe häufig mit trägen Entscheidungsprozessen zu kämpfen. Findet in der Branche ein Wandel oder gar Umbruch statt, stehen solche Unternehmen meist vor erheblichen Problemen, da sie sich nur schwer auf neue Realitäten einstellen können.

Ingenieurin und Ingenieur, die mit einem Laptop analysieren und diskutieren

Das Konzept des agilen Prozessmanagements hingegen stellt im besten Sinne einen Gegenentwurf zu dem dar, was viele Traditionsunternehmen über Jahrzehnte intern praktiziert haben: Einen Wandel hin zu mehr Verantwortung der Mitarbeiter, mehr Flexibilität und schnelleren Entscheidungen. Wir zeigen, was es mit diesem Konzept auf sich hat.

Die Definition von agilen Prozessmanagement

Agiles Prozessmanagement stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung, doch seine Prinzipien und Methoden finden sich heute bereits in diversen Branchen wieder. Es dient der Steuerung und Optimierung von Geschäftsprozessen und betont dabei Faktoren wie die enge Zusammenarbeit im Team, kontinuierliches Feedback, schnelle Anpassungen an Veränderungen und inkrementelle Verbesserungen im gesamten Prozess.

Grundprinzipien des agilen Prozessmanagements

Flexibel statt starr, dynamisch statt festgefahren, Interaktion statt Tradition – die Idee des agilen Prozessmanagements rüttelt bewusst an etablierten Strukturen, die auch heute noch in vielen Unternehmen und Industrien gelebt werden. Die folgenden Punkte helfen dabei, das gesamte Konzept in wenigen Punkten zu umreißen.

Fokus auf den Kunden

Im agilen Prozessmanagement stehen der Kunde und seine Bedürfnisse konsequent im Mittelpunkt: Alle Prozesse und Entwicklungen sind auf die Anforderungen der Kundschaft ausgerichtet. 

Durch regelmäßiges Kunden-Feedback können Unternehmen wiederum besser verstehen, welche Erwartungen diese haben und welche Lösungen sie wünschen. Dies führt zu höherer Kundenzufriedenheit und einer langfristiger Kundenbindung.

Lösungen im Team

Kollaboratives Arbeiten und ein enger Austausch zwischen einzelnen Teams tragen dazu bei, Probleme schneller zu lösen und gleichzeitig neue sowie kreative Ideen zu entwickeln. Diese Teams organisieren sich weitgehend selbst und arbeiten projektbezogen.

Eine klare, offene und direkte Kommunikation fördert sowohl des Gemeinschaftsgefühl als auch eine „Kultur des Vertrauens“. Alle Mitglieder arbeiten gemeinsam daran, auch gute Prozesse noch besser zu machen.

In Schritten zum Erfolg

Agiles Prozessmanagement basiert darauf, iterativ und inkrementell – also durch Wiederholung und in Schritten – ans Ziel zu gelangen. Anstatt ein Projekt als Block abzuschließen, wird es in kleinere, handhabbare Teile zerlegt, die in kurzen Zyklen („Sprints“) bewältigt werden.

Durch diese Gliederung in viele Teile kommt jedes Projekt kontinuierlich und schrittweise voran, bis sich zum Schluss alle Teilergebnisse zu einem fertigen Gesamtergebnis zusammenfügen. Dies minimiert effektiv Risiken im Umsetzungsprozess.

Flexibilität im Wandel

Wenn sich Situationen am Markt wandeln oder sich sonstige Veränderungen ergeben, müssen Unternehmen in der Lage sein, eigene Strukturen und Prozesse schnell an diesen Wandel anzupassen, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu sein.

Agile Prozessmanagement hilft Unternehmen dabei, diese Flexibilität aktiv zu praktizieren. Durch die Arbeit in Schritten, intensives Kundenfeedback und eine vitale interne Kommunikation werden Wandlungsprozesse in der Branche schnell realisiert und adaptiert. 

Agile Methoden und Frameworks

Zur Umsetzung dieser Prinzipien braucht es immer auch eine geeignete Herangehensweise. Über die Jahre hinweg haben sich einige agile Methoden und Frameworks etabliert, die Unternehmen für sich prüfen und nutzen können.

Scrum

Scrum ist ein bewährtes Framework im Prozessmanagement, welches Teams dabei hilft, selbst komplexe Projekte effizient zu planen und schrittweise durchzuführen. Vereinbarte Projekte werden in Sprints durchgeführt, die in der Regel zwei bis vier Wochen dauern. Im Prozess selbst findet ein intensiver Austausch zu Beobachtungen und Erfahrungen statt, um bei Bedarf flexibel Änderungen durchführen zu können.

Scrum als agiles Prozessmanagement-Framework basiert dabei auf folgenden Säulen:

Scrum schreibt den Projektmitgliedern stets feste Rollen zu: Der „Product Owner“ priorisiert alle Anforderungen und Aufgaben im „Product Backlog“, das Team setzt diese selbstorganisiert um und der „Scrum Master“ achtet darauf, dass die Arbeiten sich am Framework orientieren und die richtigen Schritte im Prozess eingehalten werden. Regelmäßige Meetings wie Daily Stand-ups, Sprint Reviews und Sprint Retrospektiven fördern Transparenz und kontinuierliche Verbesserung.

Kanban

Kanban ist eine beliebte agile Methode, die sowohl bei der Visualisierung als auch bei der Optimierung von Arbeitsprozessen zum Einsatz kommt. Im Mittelpunkt dieser Methode stehen das Kanban-Board sowie klare Obergrenzen für WIP-Tasks (Work in Progress).

Zur Bearbeitung eines Projektes wird dieses in einzelne Inkremente / Teile aufgeschlüsselt, die auf einem Kanban-Board visualisiert werden. Dieses umfasst mindestens drei Spalten: „Ausstehend“ / „In Bearbeitung“ / „Abgeschlossen“. Jeder Teil durchwandert alle Phasen des Boards, bis alle Inkremente abgeschlossen sind.

Gleichzeitig legt das Team für sich WIP-Limits fest, sodass eine Person bzw. das Team nicht zu viele Tasks auf einmal bearbeitet. Neue Tasks werden erst dann begonnen, wenn Kapazitäten frei werden. Dies hilft dabei, die Transparenz und Kommunikation im Team zu stärken. Gleichzeitig werden mit der Zeit Engpässe im Prozess ersichtlich – diese werden adressiert, was eine kontinuierliche Verbesserung der Abläufe erlaubt.

Diese Methoden und Frameworks bieten einen kleinen Einblick in die vielfältigen Ansätze, die im agilen Prozessmanagement zum Einsatz kommen können. Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung ist vor allem, dass die jeweilige Strategie passend zu den spezifischen Projektanforderungen und den Bedürfnissen des Unternehmens gewählt wird. 

Darstellung des Ablaufs des agilen Prozessmanagements.

Das agile Prozessmanagement ist ein stetiger Kreislauf. © GFOS Group

Agiles Prozessmanagement in der Fertigungsindustrie – Herausforderungen in der Umsetzung

Die größte Bewährungsprobe solcher agiler Methoden ist naturgemäß die tatsächliche Anwendung im Unternehmen. Dabei sind – ebenfalls wenig verwunderlich – einzelne Branchen eher bereit, sich auf neue Prozesse und Praktiken einzustellen, als andere. 

Gerade in Sektoren wie der Fertigungsindustrie zeigen sich zum Teil historisch gewachsene Eigenheiten und fest etablierte Routinen, die bei der Etablierung agiler Methoden und Frameworks eine besondere Herausforderung darstellen.

Strukturelle Widerstände

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist die Unternehmenskultur selbst. Gerade in Industrien, die traditionell hierarchisch strukturiert sind und in denen Prozesse schon über Jahrzehnte unverändert bestehen, kann es erhebliche Widerstände gegen Methoden des agilen Prozessmanagements geben.

Um solche Vorbehalte zu überwinden, ist es wichtig, Schulungen anzubieten, die Vorteile agiler Frameworks klar zu kommunizieren und ein Umfeld zu schaffen, das Offenheit und Anpassungsbereitschaft fördert.

Verflechtung agiler und traditioneller Prozesse

Wo Unternehmen bereits erste Erfahrungen mit Methoden wie Scrum und Co. machen, existieren diese Prozesse meist begleitend zu traditionellen Produktionsmethoden. Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, diese unterschiedlichen Ansätze nahtlos zu integrieren, ohne die Effizienz zu beeinträchtigen.

Eine solche Verflechtung erfordert sorgfältige Koordination und meist auch die Anpassung bestehender Prozesse, um sicherzustellen, dass sie mit den agilen Prinzipien kompatibel sind. Ist dies nicht der Fall, kann auch ein hybrider Ansatz helfen, der die Flexibilität agiler Methoden mit der Stabilität traditioneller Prozesse kombiniert.

Anpassung agiler Methoden

Ein Sprint im Bereich Softwareentwicklung lässt sich nicht 1:1 auf die Prozesse in der Fertigung übertragen. Produktionslinien mit Fließbändern, Werkstraßen und physischen Produkten bringen ihre eigenen Anforderungen und Herausforderungen mit sich.

Hier ist es wichtig, agile Frameworks auf diese Prozesse abzustimmen und entsprechend zuzuschneiden. Bei der Implementierung ist vor allem die Kreativität und fachliche Kompetenz der Verantwortlichen gefragt.

Skalierbarkeit von Frameworks

Die Skalierung agiler Methoden auf größere Teams und Projekte in der Fertigungsindustrie kann komplex und herausfordernd sein. Was sich in kleinen Teams fokussiert und gut umsetzen lässt, erfordert für die Prozesse größerer / global agierender Unternehmen häufig deutlich mehr Planung und Koordination. Auch nach initialer Einrichtung ist es an dieser Stelle meist erforderlich, im Prozess immer wieder nachzujustieren und punktuelle Anpassungen vorzunehmen.

Wie MES-Software und agiles Prozessmanagement zusammen Flexibilität schaffen können

Wie oben ausgeführt, kann die konsequente Etablierung und Umsetzung agiler Methoden – abhängig von der Branche – schon in guten Wirtschaftsphasen eine Herausforderung darstellen. Dabei ist dies der beste Zeitpunkt dafür: Die besondere Stärke agiler Frameworks zeigt sich nämlich in wirtschaftlich schweren Phasen oder Krisen. 

Wenn es etwa zu Lieferengpässen kommt, die Nachfrage sich teils drastisch ändert, Aufträge gestrichen und Produktionen umgeplant werden müssen, hilft ein frühzeitig integriertes agiles Prozessmanagement dabei, auch harte geschäftliche Kurskorrekturen zu vollziehen. Und gerade in der Fertigung lässt sich die Flexibilität dieser Methoden äußerst wirkungsvoll mit starken technischen Lösungen wie einer MES-Software kombinieren, 

Eine digitale Produktionssteuerung mit Hilfe eines professionellen Manufacturing Execution Systems (MES) erlaubt das Erfassen und Vernetzen sowie das Analysieren und Auswerten von allen relevanten Betriebs- und Produktionsdaten. So entsteht ein virtuelles Abbild der Produktion, über das die einzelnen Produktionsschritte in Echtzeit überwacht und gesteuert werden können. Diese Flexibilität ermöglicht ein schnelles Reagieren auf sich verändernde Anforderungen und Situationen:

Eine ganzheitliche MES-Lösung mit Schnittstellen zur ERP-Ebene bietet durch den modularen Aufbau viele Tools für jede Anforderung. Die agilen Methoden des Prozessmanagements schaffen wiederum die strukturellen Voraussetzungen, damit diese Lösungen optimal zum Tragen kommen.

Agiles Prozessmanagement – Vorteile im Überblick

Die wichtigsten Gründe für die Adaption agiler Prozessmanagement-Frameworks und Strategien haben wir abschließend nochmal kurz zusammengefasst.

Erhöhte Flexibilität / Anpassungsfähigkeit

Je flexibler und dynamischer die eigenen Organisations- und Prozess-Strukturen sind, desto leichter fällt es Unternehmen, auf Änderungen am Markt oder einen Wandel von Kundeninteressen einzugehen. Diese Agilität stärkt wiederum die Wettbewerbsfähigkeit, gerade in Branchen mit kurzen Produktlebenszyklen und hoher Innovationsgeschwindigkeit.

Steigerung der Produktqualität

Kleine Prozessschritte und häufige Feedback-Schleifen vereinfachen die Erkennung von Fehlerquellen und Ineffizienzen im Fertigungsprozess. Werden diese behoben, steigt nicht nur die Produktivität, sondern auch die Effizienz der Anlagen und die Qualität der Produkte.

Stärkere Kundenorientierung

Der starke Fokus auf den Kunden und die Einbindung seiner Anforderungen in die Fertigung hilft dabei, auf Dauer bessere Produkte zu fertigen bzw. Dienstleistungen anzubieten. Unternehmen können ihre Ressourcen dort bündeln, wo diese den größten Mehrwert bieten.

Digital und agil in die Zukunft – mit Lösungen von GFOS

Die Potenziale stärker dynamisierter Strukturen in der Produktion, die gleichzeitig starke Synergien mit eigenen IT- und ERP-Lösungen aufweisen, liegen klar auf der Hand. Viele Unternehmen treiben nicht zuletzt aus diesem Grund die Digitalisierung intern konsequent weiter voran.

Entscheider auf Unternehmensseite streben dabei mehrheitlich eine Implementierung ganzheitlicher Systeme an, um auch für kommende Herausforderungen und zukünftige Umbrüche am Markt gewappnet zu sein. Mit den modularen System-Lösungen von GFOS sind Sie und Ihr Unternehmen bestens gerüstet für die Ansprüche der Industrie 4.0. 

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